P wie Pegel

Fischer - wie tief ist das Wasser?

Ein beliebtes Spiel aus Kindertagen - für den Wassersportler wird diese Frage zur Gretchenfrage, vor allem wenn es auf unregulierte Revier gehen soll. Der Wasserstand kann über das JA oder NEIN für den Törn entscheiden. Und eine falsche Entscheidung kann sich böse rächen und sehr teuer werden...

Beschäftigt man sich intensiver mit der Frage, begegnen einem sofort eine ganze Reihe von Begriffen, die man sooo nicht unbedingt in den Kursen für die verschiedenen Führerscheine kennen gelernt hat.


"Historischer Niedrigwasserstand" am Rhein, September 2003, Pegel Kaub: 35 (!) cm

Neben der Fahrrinnentiefe geht es da um Pegelstände, Ablade- und Flußtiefen, die Tauchtiefe spielt eine zentrale Rolle, denn da kommt der Sunk hinein und auch das Flottwasser will bedacht sein???? Genau, da muss man etwas näher hinsehen.

Einige Begriffe erklären sich von selbst. So ist die Flußtiefe sicher eine interessante Größe, für den Skipper allerdings ziemlich unerheblich. Auch der Pegelstand ist nur dann wirklich aussagekräftig, wenn man über den jeweiligen Zugschlagswert verfügt, erst der macht den Pegelwert zu einer verwertbaren Größe. Und es gibt einen Vergleichswasserstand. An der Donau heißt dieser "Regulierungs-Niedrigwasserstand" (RNW), am Rhein "Gleichwertiger Wasserstand" (GIW)- manchmal eine komplizierte Rechnung.
Wichtig ist außerdem der HSW, der höchste schiffbare Wasserstand, darüberhinaus ist der Schiffsverkehr verboten!

Als kleine Kostprobe hier die Definition für die Donau (Quelle siehe unten):

Der RNW auf der Donau ist definiert als der Wasserstand, der sich an mindestens 94 Prozent aller eisfreien Tage im Jahr einstellt (als statistisches Mittel der Jahre 1961 bis 1990). Es handelt sich also um einen ziemlich niedrigen Wasserstand. Das Wasser- und Schiffahrtsamt unterhält auf der Donau eine Fahrrinnen-Tiefe von 2,0 Metern unter Regulierungs-Niedrigwasserstand. Am Pegel Pfelling sind dies 2,90 Meter. Die Abladetiefe, in die ein beladenes Schiff während der Fahrt eintauchen kann, ohne die Flußsohle zu berühren, liegt dann bei 1,70 Meter.

Im Internet werden bei ELWIS (Link s.u.) die „Wasserstände Schifffahrtsrelevanter Pegel“ veröffentlicht. HSW und GlW sind ebenfalls mit angegeben. Mit diesen Angaben lässt sich auf jeden Fall die Entwicklung des Wasserstandes über einen längeren Zeitraum prima nachvollziehen, zumal bei vielen Pegeln die Ganglinie, eine grafische Darstellung der letzten Tage, abgerufen werden kann.

Für den Bereich der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost kann man dagegen im Internet ohne große Rechnerei gleich die Werte für die Fahrrinnentiefe oder die Tauchtiefe abrufen. Die Fahrrinnentiefe ist, wer hätte das gedacht, die Tiefe der Fahrrinne. Dagegen wird bei der Tauchtiefe die Tiefe der Fahrrinne um einen bestimmten Betrag vermindert, da man ja eine "Handbreit Wasser unter dem Kiel" benötigt. Dieses Wasser wird als Flottwasser bezeichnet. Die Größe dieses Betrages ist von der Beschaffenheit der Sohle abhängig und liegt so zwischen 15 und 30cm.

Und grundsätzlich muss man den Tiefgang des Schiffes, so wie er in den technischen Beschreibungen angegeben wird, skeptisch betrachten. Denn er gilt nur im Zustand der Ruhe. Sobald das Schiff fährt, sinkt es tiefer ein - der korrekte Ausdruck dafür ist Squat, das Phänomen der "Absenkung des fahrenden Schiffes mit dem das Schiff umgebenden Wasser(s) gegenüber einem ungestörten Pegel" (Lehrbuchdefinition, habe ich im Internet gefunden). Als einfach Erklärung habe ich mal gelesen: Der Propeller zieht unter dem Schiff Wasser weg und daher sinkt das Schiff etwas tiefer ein - bei einer 10-Meter-Yacht klingt das plausibel, ist aber eher unwahrscheinlich bei einem 90-Meter-Schiff. Physikalisch präziser: Der Bernoulli-Effekt (bekannt von Tragflächen) sorgt für einen Unterdruck unter dem Schiff und daher "saugt" sich das Schiff an den Boden. In Deutschland wird der Betrag, um den das Schiff tiefer einsinkt, als Sunk oder Absunk bezeichnet. Die Größe hängt vom Schiff und, das ergibt sich aus dem oben gesagten, von der Geschwindigkeit ab.

Flottwasser plus Squat ergeben die Kielfreiheit, also den Abstand zwischen Schiffsboden und Gewässergrund bei stehendem Schiff!


So sah es im September 2003 am Rossstein aus, Oberwesel, 4km stromab von Kaub

Und zu klären ist der Begriff der Abladetiefe, der eigentlich nur für die Profis wichtig ist, aber auch uns einen Anhaltspunkt geben kann. Denn nicht immer dürfen die Binnenschiffer ihr Schiff so richtig "vollladen", da es ja beim Beladen immer tiefer sinkt. Und daher kommt der Begriff des Abladens: Abladetiefe 2,25m heißt im Klartext, dass das Schiff nur soweit beladen werden kann, dass es (in Ruhe) einen Tiefgang von 2,25m hat. Aber aus der Skizze eben geht hervor, dass es natürlich Stellen gibt, die tiefer sind als die Fahrrinne. Und da jeder Zentimeter bares Geld bedeutet, laden viele Skipper tiefer ab - und fahren dann eben auf eigenes Risiko, "auf Knirsch fahren" oder "schottern" nennt man das dann.

Weiterführende Links zum Thema:

Interessanter Aufsatz zum Thema: "Abladetiefe, Fahrrinne, Pegel und Flottwasser - Grundbegriffe der Binnenschiffahrt", eine Information des Arbeitskreises Deutsche + Österreichische Donauhäfen
www.donaunachrichten.de/

ELWIS, unerschöpfliche Informationsquelle für den Sportboot-Skipper, bietet gerade zu diesem Thema viele Seiten:
www.elwis.de/gewaesserkunde/Wasserstaende/

Vielen Dank für die Beseitigung mancher Unklarheiten: An Thomas Moseler und seinen Vater (das sind allein einige Jahrzehnte an Erfahrung als Binnenschiffer) sowie an das boote-forum

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