Sch wie Schleusen oder schleusen

Hier also die versprochene Zugabe, völlig kostenlos und unverbindlich

Zugabe - Weitere Infos zum besseren Verständnis und für den Ausbau des üblichen Informationsvorsprungs, den man als Skipper nun mal eben braucht - zum Überleben und um von der Crew akzeptiert zu werden....

Statisches Vorweg - die Kreisform der alten Schleusen habe ich schon begründet - hier der Ur-Vater aller Schleusen: Palm-Schleuse in Lauenburg. Extra besucht für dieses Foto. Mehr als 600 Jahre Schleusentechnik atmen hier den Besucher an - und das in Lauenburg!


Palmschleuse bei Lauenburg - älteste erhaltene Kesselschleuse Europas - ging 1398 in Betrieb

Katastrophenszenario in der Schleuse: Ein Frachtschiff kann nicht mehr aufstoppen und zerstört das Schleusentor - so etwas darf nicht passieren. Daher gibt es effektive Schutzeinrichtungen in Form stabiler Balken oder, wie hier, Fangnetzen, die genau das verhindern sollen. Die Vorrichtungen werden vor der Einfahrt vorgeklappt oder -geschwenkt bzw. hoch gezogen und schützen so das empfindliche Tor vor der trägen Masse eines Frachtschifffes.

Natürlich gehören auch die Sicherheitstore zum nötigen Equipment. Sie sollen verindern, dass im Fall des Falles Wasser abläuft. Denn durch die Schleusenstufen führen manche Kanäle hoch über das Gelände-Null. Im Ruhrgebiet haben die Bergsenkungen ihrenTeil zur Verschärfung der Situation beigetragen. Das Foto zeigt das Sicherheitstor Datteln im abgesenkten Zustand: Dahinter ist der leer gelaufene Abschnitt an der Lippeüberführung - Herbst 2005 - wer sich darüber informieren will, klickt hier!

Und für die, die so richtig mit ihrem Wissen protzen wollen: Wir im Ruhrgebiet haben sogar Bergsenkungen ausgenutzt, um Schleusenstufen einzusparen! So sorgte man durch gezielten Kohleabbau für kontrollierte Senkungen mit dem Ziel, komplette Schleusen überflüssig zu machen. Die Spuren kann man noch heute sehen. In Herne habe ich mich immer über eine abseits stehende alte gemauerte Wand gewundert und sie anfangs als aufgelassene Hafenmauer abgetan - bis ich Nischenpoller in ihr entdeckte. Es handelt sich dabei um die Kammerwand der ehemaligen Schleuse Herne-West, die auf dem berühmten Secundus-Sprung erbaut wurde und schief absackte - ständig musste man die Wände erhöhen. An der einen Seite um 80cm, an der anderen um 3,50 Meter!


Östliches Ende - 3,50m Beton auf der alten Mauerkrone zum Ausgleich für das Absacken

Die nachträglich aufgesetzten (und immer wieder angepassten) Betonkeile zeigen das Missverhältnis noch heute deutlich. Bei einem derart schrägen Bauwerk funktionieren natürlich auch viele andere Dinge nicht mehr, denn etwa die Tore hingen ja trotz vieler Anpassungen auch nicht mehr senkrecht in den Halterungen usw. usw. So musste eine endgültige und dauerhafte Lösung her. Und was ist einfacher, als das Problem zur Lösung zu nutzen? Es wurde gezielt großräumig abgebaut, genau soviel, dass der gesamte Bereich oberhalb derart nachsackte, dass die Schleuse Herne-West überflüssig wurde. Präzise Meisterleistung der Markscheider in einer Zeit ohne Laser und Computer.


Dagegen das westliche Ende - nur 80cm Beton auf der Mauerkrone

Immer mehr Schleusen werden fernbedient, niemand ist mehr vor Ort. Erkennen kann man diese ferngesteuerten Aufstiegsbauwerke an den großen Videotürmen. Denn: In einem solchen Fall ist Überwachung alles, der Bediener muss jedes Detail erkennen und beurteilen können, soll er im Notfall richtig reagieren.

Besondere Vorsicht ist bei staugeregelten Flüssen angesagt. Denn während der Schiffsverkehr über die Schleusen abgewickelt wird, strömt das Wasser über Wehre - und dabei entstehen starke Strömungen, die schon so manchem Boot zum Verhängnis geworden sind. Von den Wehrarmen sollte man sich als Talfahrer also tunlichst fernhalten.


Schleuse Baldeneysee an der Ruhr, links neben der Schleuse liegt das Kraftwerk

Aber auch dem Bergfahrer können die Strömungen das Leben schwer machen, letztlich muss das Wasser ja irgendwo wieder aus dem Wehrarm in den Fluss zurück - hier kommt es zu Querströmungen, Wahrschau!. Und die Schleuse Baldeneysee zeigt noch eine weitere Tücke: Hier liegt die Schleuseneinfahrt zwischen dem Wehr und dem Kraftwerk, eine ziemlich starke Querströmung setzt hier bei Hochwasser vor der Ausfahrt im Oberwasser - nicht einfach - das will gut vorbereitet werden. Zwar schützt ein Holzgatter (links) vor dem Abdriften in die Ansaugöffnungen, dennoch muss man ja nicht unbedingt damit in Kontakt kommen. Obwohl eine Technik genau das ausnutzt: In langsamer Fahrt und gut befendert an das Gatter legen und langsam daran entlang fahren - funktioniert, jedenfalls habe ich das beobachtet. Ich habe den anderen Weg gewählt, Volle Kraft voraus und gut vorhalten, das Bugstrahlruder hilft mit - klappt auch. Die Einfahrt ist erheblich schwieriger, weil dort so ein Schnellbootangriff nicht in Frage kommt. Da sind wir mit etwa 10km/h angelaufen und haben wiederum vorgehalten und das Bugstrahlruder benutzt, gleichzeitig das Heck weggedreht, also zum Gatter hin gesteuert, ging auch! Natürlich hatten wir für den Fall der Fälle jede Menge Fender an Steuerbord und ich war immer in Bereitschaft, sofort hart aufzustoppen und mich ans Gatter drücken zu lassen - war aber nicht nötig.


Ausfahrt auf den Baldeneysee im Oberweasser - der rote Ball weist auf die gefährliche Strömung hin

Ein Problem allerdings gibt es bei staugeregelten Flüssen nicht oder nur selten: Das Wasserproblem. Denn die meiste Zeit des Jahres gibt es genügend Flüssigkeit im Flussbett und man kann auch in wasserarmen Zeiten durch entsprechende Wasserführung dafür sorgen, dass die Schifffahrt genug Wasser unter dem Kiel hat. Einen Ausweg aus der Misere bieten Hebewerke, denn die kommen ja mit einer normalen Trogfüllung aus - und die ist noch nicht einmal verloren. Unten das Hebewerk Henrichenburg, ein Klassiker.

Da hat die alte Schachtschleuse schon um einiges mehr an Wasser benötigt. Allerdings: Ganz so blöd waren die Altvorderen auch nicht. Sie schufen die Sparschleuse! Durch die trickreiche Anordnung von mehreren Wasserbecken neben der Schleuse lässt sich nämlich Wasser sparen (siehe unten). Beide Bauwerke sind seit langem still gelegt und dienen heute als Anschauungsobjekt in Sachen Binnenschifffahrt! Und eine Schussfahrt mit Fahrrad oder Inlinern durch die alte Schachtschleuse ist immer eine Mutprobe, zumal es unten bei fehlgeschlagenem Bremsmanöver sehr feucht wird....

Hier sieht man sehr schön die kaskadenartig angelegten Sparbecken - man kann sich leicht vorstellen, wie es funktioniert: Wasser wird beim Schleusen zu Tal immer nur in das seitliche Becken gelassen. Ist Gleichstand erreicht, kommt das nächste Becken an die Reihe usw. usw. Beim Schleusen zu Berg geht es dann umgekehrt - bei den sieben Sparbecken der alten Schachtschleuse Henrichenburg kam man so mit nur einem Siebtel als Wasserverlust aus - wichtig, da der Dortmund-Ems-Kanal oberhalb keinen Zufluss hat. Natürlich hat das alles einen gravierenden Nachteil: Das Wasser strömt durch das viel kleinere Gefälle erheblich langsamer in die Kammer, und da heute Zeit Geld ist, muss die neue Schachtschleuse mit nur einem Sparbecken auskommen. Merkt man übrigens beim Schleusen: Sparschleusen haben oft deutlich spürbare Schaltzeiten, wenn von einem Becken auf das andere umgeschaltet wird. Nicht wundern also, wenn es scheinbar nicht weitergeht!

Aber wo kommt das Wasser denn nun her - für das westdeutsche Kanalnetz schnell beantwortet. Der Mittellandkanal speist sich im Wesentlichen aus Elbe und Weser, in Minden gibt es ein wunderschönes Pumpwerk, das diese Aufgabe erfüllt.

Im Ruhrgebiet ist es der Datteln-Hamm-Kanal, der den anderen Kanälen Frischwasser zuführt. Bis nach Hamm sorgen zwei Schleusenstufen dafür, dass er das Niveau der Lippe erreicht. Dann kann, ohne Pumpen, Wasser von der Lippe in den Kanal fließen und so das Kanalnetz speisen. Verdunstungs- und Schleusenverluste werden so ausgeglichen. Außerdem das Wasser, das die Industrie den Kanälen etwa als Kühlwasser für die zahlreichen Kraftwerke entnimmt. Im Sommer, wenn die Lippe selbst sehr wenig Wasser führt, wird der Weg umgekehrt. Die Pumpen an den einzelnen Schleusenstufen fördern dann Wasser aus Ruhr und Rhein in die Kanäle bis in die Lippe - und die Industrie beteiligt sich anteilmäßig an den Kosten für den Betrieb der Pumpwerke. In Datteln, direkt am Dattelner Meer neben der Polizeiwache steht ein unscheinbares Gebäude - von dort werden alle Pumpen gesteuert!

So, das war es zunächst einmal mit den zusätzlichen Infos - wenn mir noch etwas einfällt, baue ich die Seite weiter aus! Versprochen!

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